Industrie

NIS2 geht uns alle an! Warum sie für Unternehmen in Österreich und Deutschland wichtig ist

Wir geben einen praxisnahen Einblick, warum die NIS2 Richtlinien jedes Unternehmen in Österreich betreffen und was man tun kann/soll

Die Digitalisierung hat IT-Systeme zu einem unverzichtbaren Bestandteil des Arbeitsalltags gemacht. Sie optimiert nicht nur Prozesse, sondern ermöglicht auch das praktische Speichern sensibler Unternehmensdaten. Doch mit diesen Vorteilen kommen auch erhebliche Risiken: Cyberangriffe sind heute allgegenwärtig. Oft hört man den Satz: „Die Digitalisierung steckt noch in den Kinderschuhen“ – das gilt auch für die Cybersicherheit. Denn erst durch umfassende Cybersecurity-Maßnahmen wird die Digitalisierung wirklich erwachsen!

Eine zentrale Rolle bei der Verbesserung des Schutzes vor Cyberbedrohungen spielt die neue NIS2-Richtlinie. Diese betrifft alle Unternehmen (direkt oder indirekt) in der EU und zielt darauf ab, die digitale Sicherheit erheblich zu stärken. Doch was genau bedeutet NIS2 und warum ist sie so relevant?

Was ist die NIS2-Richtlinie?

NIS steht für Netz- und Informationssicherheit. Die NIS2-Richtlinie ist eine Erweiterung der ursprünglichen NIS-Richtlinie, die 2016 eingeführt wurde. Sie wurde von der Europäischen Union entwickelt, um die Widerstandsfähigkeit und Sicherheit von Netz- und Informationssystemen in der EU – die sogenannte Cyber-Resilienz – zu erhöhen. Während die erste NIS-Richtlinie vor allem auf kritische Infrastrukturen wie Energie, Transport und Gesundheitswesen abzielte, umfasst NIS2 eine viel breitere Palette von Unternehmen und Sektoren.

Warum ist NIS2 für Unternehmen wichtig?

Die NIS2-Richtlinie ist für Unternehmen von entscheidender Bedeutung, da sie einen umfassenden Rahmen zur Verbesserung der Cybersicherheit in der gesamten EU bietet. Unternehmen müssen sich mit den Anforderungen dieser Richtlinie vertraut machen, da sie sowohl direkt als auch indirekt betroffen sein können.

Direkte Betroffenheit

NIS2 betrifft eine breite Palette von Unternehmen und Sektoren, die als kritisch für die nationale und europäische Infrastruktur gelten. Dazu gehören Bereiche wie Energie, Transport, Gesundheit, Finanzen, digitale Infrastruktur und öffentliche Verwaltung. Diese Unternehmen müssen strengere Sicherheitsmaßnahmen implementieren und sind verpflichtet, Cybersicherheitsvorfälle zu melden.

Indirekte Betroffenheit

Auch Unternehmen, die nicht direkt unter die NIS2-Richtlinie fallen, können indirekt betroffen sein, insbesondere wenn sie als Zulieferer oder Dienstleister für NIS2-regulierte Unternehmen tätig sind. Diese Unternehmen müssen sicherstellen, dass ihre eigenen Sicherheitsmaßnahmen den Anforderungen der NIS2 entsprechen, um weiterhin als vertrauenswürdige Partner in der Lieferkette zu gelten.

Die fünf wichtigsten Forderungen der NIS2 sind:

1. Übernehmen von Verantwortung

Die NIS2-Richtlinie betont die zentrale Rolle der Unternehmensleitung in der Cybersicherheit. Es ist unerlässlich, dass die Geschäftsführung aktiv beteiligt ist. Fahrlässigkeit oder Versäumnisse können nicht nur zu erheblichen Sicherheitslücken führen, sondern auch rechtliche und finanzielle Konsequenzen nach sich ziehen. Geschäftsführer können im Ernstfall sogar persönlich haftbar gemacht werden und mit ihrem Privatvermögen haften. Link zum Ratgeber zur Geschäftsführerhaftung

2. Erhöhte Cybersicherheitsanforderungen

NIS2 fordert die Implementierung von Sicherheitsmaßnahmen, um die Integrität, Vertraulichkeit und Verfügbarkeit von Daten zu gewährleisten. Dies bedeutet, dass Unternehmen ein robustes Risikomanagement einführen müssen, um Cyberbedrohungen zu minimieren. Darüber hinaus muss auch die Sicherheit der Lieferkette berücksichtigt werden. Unternehmen müssen sicherstellen, dass ihre Lieferanten vertraglich oder durch Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) ebenfalls Cybersicherheitsanforderungen erfüllen.

3. Verpflichtung zur Meldung von Sicherheitsvorfällen

Ein wichtiger Aspekt der NIS2-Richtlinie ist die Verpflichtung zur Meldung von Sicherheitsvorfällen. Unternehmen müssen schwerwiegende Cybervorfälle unverzüglich an die zuständigen Behörden melden. Dies ermöglicht eine schnelle Reaktion und minimiert mögliche Schäden. Die Meldepflicht fördert auch den Informationsaustausch und die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Behörden.

4. Geschäftskontinuität sichern

NIS2 verlangt von Unternehmen, umfassende Pläne zur Sicherstellung der Geschäftskontinuität im Falle eines schwerwiegenden Cybervorfalls zu entwickeln. Dies beinhaltet nicht nur Strategien zur schnellen Wiederherstellung betroffener Systeme, sondern auch detaillierte Notfallpläne und die Einrichtung spezialisierter Krisenreaktionsteams. Durch präventive Maßnahmen und regelmäßige Tests dieser Pläne können Unternehmen sicherstellen, dass sie in einer Krisensituation handlungsfähig bleiben und ihre betrieblichen Abläufe so wenig wie möglich unterbrochen werden.

5. Kooperation und Informationsaustausch

Die NIS2 fördert eine engere Zusammenarbeit und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten. Es werden Mechanismen eingeführt, um den Austausch von Bedrohungsinformationen und bewährten Verfahren zu erleichtern, um eine koordinierte Reaktion auf Cybervorfälle zu gewährleisten.

Wesentliche Schritte zur Umsetzung

Die Umsetzung der NIS2-Richtlinie erfordert eine sorgfältige Planung und gezielte Maßnahmen, um die Cybersicherheit effektiv zu verbessern. Besonders für Unternehmen, die sich bisher nicht intensiv mit Cybersecurity-Risikomanagement beschäftigt haben, kann dieser Prozess eine Herausforderung darstellen. 

Kleine Unternehmen, die Informationssicherheit oft noch mit IT-Sicherheit verwechseln, sollten eine Beratung nach DIN SPEC 27076 in Betracht ziehen. Größere Unternehmen sollten sich an der ISO 27001 orientieren und ihre Maßnahmen entsprechend anpassen. Mit dem weiteren Wachstum wird die ISO 27001 ein erreichbares und lohnendes Ziel sein.

In meinem Ratgeber zur Umsetzung der NIS2 findest du eine ausführliche Zusammenfassung der Implementationspflichten. 

Hier sind die wesentlichen Schritte, um den Anforderungen der NIS2 gerecht zu werden:

1. The hardest Part is the Start

Der Einstieg in die Cybersicherheit mag zunächst überwältigend erscheinen, besonders für mittelständische Unternehmen. Doch keine Sorge: Der erste Schritt ist oft der schwerste, aber auch der wichtigste. Es ist entscheidend, das Bewusstsein für Cybersicherheit zu schärfen und die Unternehmensleitung von der Notwendigkeit zu überzeugen. 

2. Risikoanalyse durchführen

Unternehmen sollten eine umfassende Risikoanalyse nach der ISO 27005 durchführen. Dies hilft, potenzielle Schwachstellen zu identifizieren, zu priorisieren und gezielte Maßnahmen zur Risikominimierung zu ergreifen. Eine fundierte Risikoanalyse ist die Grundlage für alle weiteren Sicherheitsmaßnahmen.

3. Sicherheitsstrategien entwickeln

Basierend auf den Ergebnissen der Risikoanalyse sollten Unternehmen geeignete Sicherheitsstrategien entwickeln und implementieren. Dabei ist es sinnvoll, das Top-Management aktiv einzubinden und gemeinsam mit erfahrenen Beratern sowie einem zukünftigen internen CISO (Chief Information Security Officer) vorzugehen. Eine gut durchdachte Strategie schützt nicht nur vor aktuellen Bedrohungen, sondern ist auch kosteneffizient.

4. Schulung und Sensibilisierung

Mitarbeiter spielen eine entscheidende Rolle in der Cybersicherheit. Regelmäßige Schulungen und Sensibilisierungsmaßnahmen helfen, das Bewusstsein für Sicherheitsrisiken zu schärfen und ein sicherheitsbewusstes Verhalten zu fördern. Nur gut informierte Mitarbeiter können potenzielle Bedrohungen rechtzeitig erkennen und angemessen darauf reagieren.

Fazit

Die NIS2-Richtlinie ist ein strategischer Meilenstein zur Stärkung der Cybersicherheit in europäischen Unternehmen. Für Unternehmen bedeutet dies, ihre Sicherheitsmaßnahmen zu optimieren und sich auf neue Anforderungen einzustellen. 

Trotz der anfänglichen Herausforderungen bringt die Umsetzung erhebliche Vorteile: Sie schützt vor Cyberbedrohungen, stärkt das Vertrauen der Kunden und fördert die Innovationsfähigkeit. Unternehmen, die jetzt proaktiv handeln, schaffen sich einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil und sichern ihre Zukunft in der digitalen Welt.

Cybersicherheit ist nicht nur eine Notwendigkeit – sie ist der Schlüssel zum Erfolg in der digitalen Ära.

Über den Autor

Herwart Wermescher auf LinkedIn: https://www.linkedin.com/in/herwartwermescher/

Auf https://kmusec.com/ratgeber/ ist sein Cybersecurity Ratgeber für Entscheidungsträger mittelständischer Unternehmen zu finden.

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